"Mittlerweile haben wir uns in Deutschland einen Namen gemacht"
Interview der Woche: Steffen Heller von Eintracht Sondershausen hat nicht nur Bayern München zum 6. Allianz-Cup geholt
Zwischen Tür und Angel, Telefon und Mail, Auto und Arbeit, Familie und Feierabend. Steffen Heller von Eintracht Sondershausen war nicht nur in den vergangenen
Tagen und Wochen ein viel beschäftigter Mann. Der Ende Dezember 50 Jahre jung gewordene Diplom-Ingenieur, der in Wiehe arbeitet, ist der Kopf des zu einem
echten Aushängeschild gewordenen Hallenturniers in Sondershausen. Die 6. Auflage des Allianz-Cups in Sondershausen wird am kommenden Samstag über die Bühne
gehen. Und mit dabei sind viele namhafte Vereine aus ganz Deutschland. Wir sprachen mit dem Organisator über die Entwicklung des Turniers, Probleme und
Anforderungen der Topvereine.
Herr Heller, wenn Sie mal sechs Jahre zurück denken: Hätten Sie gedacht, dass Ihr Turnier solch eine Entwicklung nehmen würde?
Den Wunsch hatte ich von Anfang an. Dass es so schnell geht, war uns allen nicht bewusst. Zu Beginn war ich etwas enttäuscht, dass es noch nicht so geklappt hat,
wie ich es mir vorgestellt habe. Vielleicht sind wir da etwas zu blauäugig rangegangen.
Nennen Sie bitte ein Beispiel!
Na ja, es hat beispielsweise über zwei Jahre gedauert, bis RB Leipzig dabei war. Und dann ging es in den Folgejahren immer besser. Ohne Leipzig wären wir heute
nicht da, wo wir stehen. Zuvor haben wir jede Menge Absagen bekommen. Die großen Vereine warten ja nicht unbedingt darauf, dass Sondershausen anruft. Außerdem
hat uns über die Jahre die Mund-zu-Mund-Propaganda sehr geholfen. Die einzelnen Trainer tauschen sich ja aus und mittlerweile heißt es, dass man beruhigt nach
Sondershausen fahren kann. Das ist echt Gold wert.
Warum war RB Leipzig so einen entscheidender Faktor?
Es war der erste Bundesligist, der unserer Einladung gefolgt ist. Dass sie mit einem positiven Eindruck 2016 wieder die Heimreise angetreten haben, war an
sich der Startschuss. Mit einigen Tipps und Hinweisen konnten wir das Turnier noch attraktiver gestalten und ein Jahr später hatte wir mit St. Pauli und
Hannover 96 die nächsten Bundesligisten in Sondershausen. Bis heute stehen wir mit Leipzig in sehr regem Kontakt. Dass nun Bayern München zum ersten Mal
dabei ist, hängt ebenfalls ein Stück mit den Sachsen zusammen.
Erklären sie uns das bitte etwas genauer!
Die Münchener haben, verständlicherweise, darum gebeten, dass wir ein zusätzliches Testspiel für sie in der Region organisieren. Da unser Göldner mit seinem in
die Jahre gekommenen Kunstrasen noch nicht für so eine Veranstaltung in Frage kommt, brauchten wir eine Alternative. In Leipzig gibt es die besten Bedingungen.
Eins, zwei Telefonate mit der Nachwuchsleitung, und schon konnten wir für den Sonntag nach dem Turnier ein Testspiel für die Bayern in Leipzig anbieten. Sonst
wäre es einfach ein zu großer Aufwand gewesen, der sich für sie nicht gelohnt hätte.
In diesem Jahr spielen Sie das Turnier nun mit Vollbande. Wieso diese Neuerung?
Das war eine der Vorgaben der Vereine. In den Nachwuchsleistungszentren ist es üblich, mit Vollbande zu spielen. Das mussten und haben wir gewährleistet.
Auch ein neuen, sehr interessanten Spielplan haben unsere Programmierer Jens Ortschig und Lukas Stark entworfen.
Eintracht hat aber sicherlich nicht so eine Vollbande ...
Nein, noch nicht (lacht). Die müssen wir mieten. Allein dafür habe ich viele Telefonate führen und Angebote vergleichen müssen. Letztlich haben wir uns für eines
aus Aschaffenburg entschieden, die Bande kommt übermorgen.
Mit Bayern München hat das Turnier nochmals eine echte Aufwertung bekommen. Wird es nun in der Zukunft ein Selbstläufer?
Ganz und gar nicht. Natürlich ist Bayern München ein echtes Zugpferd. Mittlerweile haben wir uns in weiten Teilen Deutschlands mit dem Turnier einen Namen
gemacht. Das freut uns selbstverständlich sehr. Das haben wir auch beim Vorverkauf gemerkt. Den mussten wir dann stoppen, damit noch Plätze für Familienangehörige
der Aktiven zur Verfügung stehen. Das Interesse ist schon echt groß. Aber in der Zukunft wird die Akquise weiterhin sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Sich auf
dem Erfolg auszuruhen, wäre ein großer Fehler. Ich bin schon seit geraumer Zeit am Turnier 2020 dran − das wird keinesfalls einfacher.
Dass das Interesse sehr groß ist, merkt man auch daran, dass der MDR mit „Sport im Osten“ kommt und einen Livestream im Internet anbietet. Wie kam es dazu?
Unser Internetspezialist Ronny Kuhrmann hat auf der Homepage des MDR gelesen, dass es ein Gewinnspiel für einen Live-Stream gibt. Dort haben wir uns mit unserem
Event beworben und letztendlich den Zuschlag bekommen. Alle K.o.-Spiele werden live übertragen. Ab circa 14.30 Uhr kann jeder deutschlandweit unser Turnier
im Internet auf www.mdr.de mitverfolgen.
Gab es einen Verein, bei dem sie besondere Überzeugungsarbeit leisten mussten?
Die vier Premierengäste − TSG Hoffenheim, Hertha BSC Berlin, Bayern München und Erzgebirge Aue − mussten wir schon ein wenig überzeugen. Das ist aber völlig
normal. Die Teams, die schon bei uns waren, wissen, was sie an dem Turnier haben. Da ging es mit der erneuten Zusage relativ schnell und unkompliziert.
Mit Union Berlin, Hoffenheim und München gibt es drei Vereine, die in Sondershausen schon am Freitag anreisen.
Ja richtig, bei dem weiten Anreiseweg ist das nicht anders möglich. Die Kinder übernachten bei Gasteltern. Wir haben mittlerweile einen festen Kreis an Familien.
Was mich freut: Alle Gasteltern, die in den letzten Jahren bereits Kinder beherbergten, haben sich sofort wieder gemeldet. Dadurch, dass Bayern tags darauf noch
in Leipzig spielt, ist deren Kader natürlich größer und so brauchten wir weitere. Auch da haben sich neue Sondershäuser Familien gern zur Verfügung gestellt.
Mit dem FC Carl Zeiss Jena und dem FC Rot-Weiß Erfurt sind die beiden besten Mannschaften Thüringens dabei. Treffen die beiden aufeinander und gibt es
schon im Jugendbereich diese Rivalität?
In der Vorrunde können sie nicht aufeinandertreffen. Aber dann kann es passieren, das kommt auf deren Ergebnisse an. Die Rivalitäten gibt es schon − Derbys
eben. Aber natürlich nicht so ausgeprägt wie bei den Männern. Außerdem ist das doch eher so ein Ding, was von den Fans ausgeht.
Gibt es Favoriten für solch ein Turnier?
Schwer zu sagen. Wenn man sich die bisherigen Ergebnisse der diesjährigen Hallenturniere so anschaut, dann sind die Bayern schon gut dabei. Aber auch Leipzig
und Hannover haben echt überzeugt. Bei Hoffenheim lasse ich mich überraschen. Am Ende entscheiden Kleinigkeiten.
Beschreiben Sie doch mal kurz, wie die Organisation für solch ein Turnier abläuft!
So ein Hexenwerk ist das nun auch nicht. Man muss eben viel telefonieren, Mails schreiben und Geduld haben. Bis Mitte Dezember bin ich eigentlich allein für
die Organisation zuständig. Dann geht es in die heiße Phase. Wir sind ein Organisationsteam von 15 Leuten. Da hängen sich alle aufopferungsvoll und akribisch
mit rein. Das ist schon toll. Und am Tag selbst sind es bestimmt über 50 Helfer, die für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Für die kommenden Jahren müssen wir
jedoch die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen. Hier ist der Vorstand schon aktiv und sucht nach einem passenden Konzept.
Was sind denn Ihre Ziele für dieses Turnier? Wo soll die Reise künftig noch hingehen?
Wenn am Samstagabend alle Mannschaften zufrieden und mit einem Lächeln nach Hause gehen und gerne wiederkommen möchten, haben wir unser Ziel erreicht. Wir
wollen gerne dieses Niveau, das wir jetzt haben, halten. Wenn wir es schaffen, das Turnier über Jahre zu etablieren, dann hat jeder Nachwuchsspieler des BSV
im C-Juniorenbereich die Möglichkeit, gegen die Bundesligisten zu spielen.
Wie groß ist denn die Vorfreude bei eben jenen Jungs vom BSV Eintracht Sondershausen?
Das kann ich gar nicht genau sagen, da müssten Sie die Trainer fragen. Aber sicher schon sehr groß. In den vergangenen Jahren war es oft so, dass sich die
Jungs schon sehr darauf gefreut haben, bei derben Niederlagen natürlich nicht so. Vielleicht schaffen sie es, mit der Unterstützung auf den Rängen dem einen
oder anderen das Leben schwer zu machen.