26.02.2021
30 Momente aus 30 Jahren - Teil 10: Oberliga 2000/01 - eine grandiose erste Saison in Liga 4
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In 63 Tagen feiert der BSV Eintracht am 30. April seinen 30. Geburtstag. Wir nehmen dieses Jubiläum zum Anlass, euch die 30 prägendsten Momente der Vereinsgeschichte in Form von Berichten, Statistiken, Interviews, Bildern und Videos zu präsentieren. Heute mit Teil 10 zur Premierensaison gegen die großen Namen im ostdeutschen Fußball in Liga 4.

Vorgeschichte:
Ausgerechnet für die Saison 2000/01 hatte der DFB seine Ligastruktur geändert und aus vier Regionalligen (damals dritt-höchste Spielklasse) zwei Regionalligen gemacht. Aus der Regionalliga Nordost gab es gleich 11 Absteiger! Davon kamen mit Dynamo Dresden (8x DDR Meister), dem 1. FC Magdeburg (3x DDR Meister und Europokalsieger 1974), dem VfB Leipzig (Erster Deutscher Meister 1903), dem VFC Plauen, dem FSV Zwickau (1x DDR Meister) und dem VfL Halle 96 gleich sechs Teams in die Südstaffel der NOFV Oberliga. Dazu kamen dann noch der Hallescher FC (1x DDR Meister) und Stahl Riesa als Aufsteiger aus Sachsen-Anhalt bzw. Sachsen in die Staffel – was für ein grandioses Teilnehmerfeld.

Voraussetzungen:
Unser BSV Eintracht stand vor einer Herkulesaufgabe! Es konnte nur ein Ziel geben – Klassenerhalt! Das Team von Trainer Burkhardt Venth war fast komplett zusammen geblieben und wurde durch vier Neuzugänge verstärkt. Der prominenteste Neuzugang war wohl im Tor der damals 29 jährige Jens Weißgärber (FC Carl-Zeiss Jena) der bereits mehrere DDR Olympiaauswahl Spiele absolviert hatte! Dazu im Mittelfeld der 19 jährige Henning Stary (FC Energie Cottbus II), in der Abwehr der 20 jährige Daniel Peschke (Wacker Nordhausen) und für den Angriff der 23-jährige Steffen Knäbe (FC Rot-Weiß Erfurt). Alle vier stellten eine Verstärkung dar und rückten teilweise in die Stammformation auf. Der Gesamtkader der ersten Mannschaft war aber insgesamt sehr schmal und stellte mit einer Vielzahl von Spielern aus dem eigenen Nachwuchs und der näheren Umgebung eine absolute Ausnahme für die 4. Liga dar. Fast alle Spieler gingen einer Arbeit nach oder studierten, Profis suchte man in Sondershausen vergeblich. Einzig das Stadion mit seiner mehr als 1.750 Sitzplätzte fassenden Tribüne erfüllte einigermaßen die Voraussetzungen für die 4. Liga.

Der Saisonstart:
Geradezu eine Hysterie brach in Sondershausen und Umgebung aus, als bekannt wurde, dass der Saisonauftakt auf dem Göldner gegen Dynamo Dresden stattfinden sollte. Der Vorstand um Sportwart Michael Weise hatten alle Beziehungen spielen lassen, um dies einzufädeln – Klasse. Mit Dresden empfing man den wohl hochkarätigsten Gegner der gesamten Staffel als Erstes auf dem Göldner! Die Geschichte des Spiels vom 5. August 2000 ist in Sondershausen und Umgebung längst Legende, kurios die nahezu identischen Trikotfarben beider Teams – heute undenkbar, damals pfiff Schiri Sax aus Berlin trotzdem an. Einen größeren Außenseiter, als unsere Eintracht gegen Dynamo konnte es wohl nicht geben. Trotzdem gewann der BSV vor ca. 3.500 Besuchern mit 1:0 durch ein Tor von „Ete“ Krug in der 30. Minute. Ganz Sondershausen stand Kopf. Das es nicht so weiter gehen würde, war allen klar und so folgten diesem Sensationssieg drei heftige Niederlagen gegen Plauen, Cottbus Amateure und Magdeburg.
Am 5. Spieltag gab es dann das langersehnte Derby gegen Wacker Nordhausen, vor mehr als 2.200 Zuschauern trennte man sich 1:1. Trotzdem stelle dieses Remis eine Wende in der Saison für beide Vereine dar, denn Wacker holte danach monatelang keine Punkte mehr und stieg am Saisonende mit nur 13 Punkten ab und ging in Insolvenz. Der BSV Eintracht berappelte sich aber so langsam und holte in der Hinrunde noch Siege gegen den VfL Halle, Stahl Riesa und den VfB Zittau und lag zur Halbzeit mit 19 Punkten mit Rang 13 auf einem Nichtabstiegsplatz!

Die Pokalsaison:
Als Oberligist musste man damals erst in Runde 3 im TFV Pokal eingreifen. Große Freude kam auf, als man damals mit Wacker Nordhausen erneut den alten Rivalen zugelost bekam. Vor mehr als 1.000 Besuchern fertigte die Eintracht Wacker dieses Mal mit 5:2 ab und zog ins Achtelfinale ein. Dort gab es einen ungefährdeten 4:1 Erfolg gegen den VfB Pößneck. Im Viertelfinale am 16. Dezember 2000 musste man den schweren Gang auf den Weimarer Lindenberg antreten, konnte aber souverän mit 2:0 gewinnen und stand im Halbfinale. Dort zog man den FC Rot-Weiß Erfurt und musste am 8. Mai 2001 im Erfurter Steigerwaldstadion antreten. Leider wurden damals ab dem Halbfinale die Partien nicht mehr beim Unterklassigen Verein ausgetragen. (Sicherlich bis heute einmalig unter den Fußballverbänden der Republik!) Erfurt spielte in der Regionalliga Süd und war für unseren Verein eine Nummer zu groß. Vor 1.550 Zuschauern verlor die Eintracht mit 1:5 – auf dem Göldner wären es wohl 3.000 und mehr Zuschauer gewesen. Trotzdem stellt der Halbfinaleinzug bis heute den bisher größten Vereinserfolg im TFV Pokal dar.

Die Rückrunde:
Der Rückrundenauftakt im Januar bei Dynamo Dresden fiel ins Wasser, weil der Platz unbespielbar war und auch der Nachholtermin am 25. März fiel wegen Unbespielbarkeit des Platzes aus. Die Eintracht startete mit drei erwartbaren Niederlagen in die Rückrunde bevor es dann am 25. Februar 2001 auf Schneeboden einen tollen 2:0 Erfolg in Nordhausen gab.
Nach dem Erfolg in Nordhausen folgten in schöner Regelmäßigkeit Punktgewinne und leider auch unerwartete Niederlagen. Richtig Absetzen von den Abstiegsrängen konnte man sich zu keiner Zeit.
Am 1. Mai 2001 fand dann endlich das Nachholspiel bei Dynamo Dresden statt. Die Eintracht gewann auch dieses Spiel, diesmal mit 2:0 und hatte damit eine weitere Sensation geschafft und die wohl einmalige Bilanz gegen Dynamo mit 2 Siegen und keiner Niederlage!

Der finale Abstiegskampf:
Eigentlich sollte es nur zwei sportliche Absteiger in dieser Saison geben und die standen mit Nordhausen und Bischhofswerda schon lange fest, aber in Abhängigkeit von Absteigern aus der Regionalliga Nord und Süd, könnte es noch weitere Absteiger geben. Der BSV Eintracht stand am vorletzten Spieltag mit 35 Punkte auf Rang 15 und empfing den mit 32 Punkten dahinter stehenden VfB Chemnitz. Mit einem Sieg hätte man sich ggf. bereits sicher retten können. Bis weit in die Nachspielzeit stand es 1:1 bevor der VfB Chemnitz noch den Siegtreffer erzielte! Was für ein Drama! Zum Glück verlor Anhalt Dessau zeitgleich gegen den Halleschen FC, sodass man auf Platz 15 blieb, mit Kontakt zum 14. Alles sollte also auf den letzten Spieltag ankommen. Eintracht musste zum Halleschen FC und holte dort ein sensationelles 1:1 Remis (Tor für Halle übrigens durch Matthias Nelde, der aus Sondershausen an die Saale wechselte) und hatte nun 36 Punkte. Aber, der VfB Chemnitz gewann sein letztes Spiel gegen Dynamo Dresden mit 1:0 und zog an der Eintracht vorbei. Dessau verlor beim VfB Leipzig mit 8:1 und viel auf Rang 16 zurück und stieg später ab. Der BSV Eintracht stand auf Platz 15 und musste in die Relegation gegen den 15. der Oberligastaffel Nord – dem Berliner AK 07.

Die Abstiegsrelegation und der Klassenerhalt:
Zum Ende der Oberliga-Saison stand noch nicht fest wie viele NOFV-Mannschaften aus der Regionalliga absteigen würden. Um die Reihenfolge der Oberliga-Absteiger festzulegen, spielten die Tabellenfünfzehnten und -sechzehnten der beiden Staffeln jeweils zwei Spiele gegeneinander um den Verbleib in der Oberliga. Die Eintracht erwischte mit dem Berliner AK 07 einen Traditionsverein aus dem Westteil der Stadt Berlin. Dies war gleichzeitig das bisher einzige Pflichtspiel gegen einen Verein aus dem Westteil unserer Republik! Die Massen strömten auf den Göldner. Am Ende gab es vor mehr als 1.600 Besuchern ein gerechtes 1:1 Remis. Unvergessen die „Umstände“ auf der Tribüne, als der bekennende Fan des BAK Boxweltmeister Ralf Roccigiani (WBO-Titel im Cruisergewicht) zusammen mit seinem leicht bekleidetem weiblichen Anhang auf dem Göldner Platz nahm.
Das Rückspiel eine Woche später verlor der BSV mit 1:5 und hätte damit eigentlich schlechte Karten im Abstiegskampf gehabt, aber die gesamte Relegation wurde am Ende hinfällig. Aus der Regionalliga Süd stieg Rot-Weiß Erfurt nicht ab, aber dafür der FC Sachsen Leipzig aus der Regionalliga Nord. Zum Glück für die Eintracht zog sich aber der VfL Halle 96 freiwillig aus der Oberliga Süd zurück und war damit der 4. Absteiger - die Eintracht blieb drin!

Saisonfazit:
In seiner ersten Saison in der 4. Liga der NOFV Oberliga Süd konnte der BSV Eintracht die Klasse halten - Saisonziel erreicht! Mit 37 Punkten (10 Siege, 7 Remis, 17 Niederlagen) – Torverhältnis 32:62 konnte der 15. Tabellenplatz erreicht werden. Hinzu kam das Erreichen des Halbfinales im TFV Pokal – alles in Allem eine sehr erfolgreiche Saison. Beeindruckend die Zuschauerbilanz. Im Durchschnitt strömten 1.157 Fans auf den Göldner. Damit lag man noch vor Stahl Riesa, dem VfL Halle oder Wacker Nordhausen. (Die dieses übrigens auch in sieben Jahren Regionalliga von 2013 – 2019 nicht einmal erreichen sollten!) Dieser Zuschauerschnitt wird wohlmöglich nie wieder in Nordthüringen erreicht werden können. Gegen Dynamo kamen weit über 3.000, gegen Nordhausen und Magdeburg mehr als 2.000 Besucher. Auch hier eine Wahnsinnssaison! Der beste Torschütze für die Eintracht war mit 8 Toren wieder einmal „Ete“ Krug, gefolgt von Steffen Knäbe (7 Treffer) und Maik Franz mit 5 Toren. In allen 34 Spielen dabei waren einzig Axel Duft (2 Tore) und Michael Franke (2 Tore), gefolgt von Maik Franz, Lars Plachy, Daniel Rasch und Henning Stary mit jeweils 32 Einsätzen. Insgesamt kamen nur 23 Spieler zum Einsatz.

Der 1. FC Magdeburg wurde Meister und stieg in die Regionalliga auf. Dafür kam mit Carl Zeiss Jena als Absteiger ein weiterer DDR Traditionsverein zu seinem Punktspieldebüt auf dem Göldner. In Sondershausen und Umgebung freuten sich alle auf eine weitere Saison in der Oberliga Süd, 2001/02 Eintracht ist dabei!
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