24.11.2020
61 Jahre BSG Glückauf - Zeitzeugeninterview mit Udo Fleischer
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In den vergangenen Tagen feierte die ruhmreiche BSG Glückauf Sondershausen ihren 61. Geburtstag. Zur Erinnerung an diese geschichtsträchtige Epoche des Sondershäuser Fußballsports suchten wir das Gespräch mit einem Zeitzeugen. In den siebziger und frühen achtziger Jahren stand mit Udo Fleischer ein gut ausgebildeter Torwart gut einhundertmal zwischen den Pfosten der BSG Glückauf in Sondershausen. Zu Hause in Görsbach lud er einen Redakteur vom „Spielmacher“ zu einem netten Gespräch über die alte, aber auch neue Zeiten ein.

Udo, wer dich kennt weiß, dass du ein „Fußballverrückter“ bist. Wie begann Deine Karriere?
Zunächst begann ich in meinem Heimatdorf Auleben mit dem Fußball spielen, doch schon bald wechselte ich zum großen Nachbarverein Motor Nordhausen-West. Zur damaligen Zeit wurden die besten Nachwuchsspieler zu den größten Vereinen des jeweiligen Bezirkes delegiert. Ich muss wohl damals ganz gut im Tor gewesen sein, so kam ich in die Nachwuchsabteilung des FC Rot-Weiß Erfurt. So konnte ich damals die ganze DDR bereisen und mit der Nachwuchs-Oberligamannschaft zahlreiche Eindrücke sammeln. Auf der einen Seite gefiel mir das Fußballerleben natürlich sehr, auf der anderen Seite war es aber auch sehr hart für mich, mit 13 Jahren das Elternhaus zu verlassen.

1974, mit gerade 18 Jahren, bist Du zur BSG Glückauf Sondershausen gewechselt. Wie kam es dazu?
Als ich im Herrenbereich im Reserveteam von Rot- Weiß in der damaligen 2. Liga spielte, sprach mich irgendwann mal der damalige Glückauf Trainer Toni Skaba an, um mich nach Sondershausen zu holen. Eigentlich hätte ich nach Nordhausen zurückkehren sollen, wo aber schon richtig gute Leute im Kader standen. Deshalb war ich recht froh über die Einladung und folgte ihr. Hier war es vor allem Heinz Becker der im Kaliwerk für die Sportabteilung zuständig war, der mich aufgrund seines Engagements schnell von Sondershausen überzeugen konnte. So bekam ich einen Arbeitsplatz im Schacht angeboten, den ich bis zur Rente vor ein paar Jahren ausübte. Rückblickend kann ich sagen, dass ich damals alles richtig gemacht habe. Sondershausen war für mich eine schöne Zeit!

Wie ging Deine Karriere weiter?
Glückauf spielte zu der Zeit in der Bezirksliga Erfurt, damals immerhin die dritthöchste Liga der DDR. Ende 1974 durfte ich mein erstes Spiel bestreiten, ausgerechnet gegen einen Verein, der mich damals gern verpflichtet hätte. Bei UT Erfurt konnten wir mit 0:2 gewinnen, es folgte eine eher durchwachsene Saison. Glückauf entwickelte sich gerade von einer Fahrstuhlmannschaft zur Spitzengruppe im Bezirk Erfurt und ich war stolz, meinen Anteil daran zu haben. Besonders unser Trainer Horst Szulakowski war wie eine Vaterfigur für mich, insgesamt war alles sehr kameradschaftlich.

Welche Highlights bzw. besondere Spiele erlebtest Du in dieser Zeit?
Spiele gegen Mannschaften, wo große Betriebe dahinterstanden, z.B. Bad Langensalza, Eisenach oder Rudisleben waren damals große Duelle, aber im Prinzip war damals jedes einzelne Spiel ein Highlight für mich. Natürlich muss man den Meistertitel 1980 hervorheben, wo wir schon einige Runden vor dem Ende den Aufstieg in die DDR-Liga feiern konnten. Das Interesse bei den Schacht-Kumpel und allgemein in Sondershausen war damals unglaublich. Jedes Wochenende strömten hunderte oder tausende Zuschauer nach Jecha, gefühlt der halbe Kali-Betrieb war vor Ort. Und Montag gab es im Betrieb erstmal kein anderes Thema als das Spiel vom letzten Wochenende!

Das letzte Spiel in der Bezirksliga war auch Dein letztes für die erste Mannschaft von Glückauf. Weshalb war das so?
Nach dem Aufstieg zog ich mir eine Meniskusverletzung zu, welche mir lange Zeit das Fußballspielen unmöglich machte. Als ich wieder fit wurde, standen neue Leute im Kader und ich hatte es schwer, in der ersten Mannschaft wieder Fuß zu fassen. Ich absolvierte daher noch einige Spiele in der „Zweiten“. 1984 wechselte ich nach 10 Jahren zurück zu meinem Heimatverein nach Auleben. Auch hier war ich Heinz Becker wiederum sehr dankbar, der mir den Wechsel problemlos ermöglichte. Mit Auleben gab es für mich nochmal ein besonderes Duell gegen Glückauf - 1989 konnten wir dem großen Favoriten vor 500 Zuschauern ein 1:1 abtrotzen!

Aber natürlich bliebst du dem Fußball weiterhin treu?
Bis 38 spielte ich noch in der ersten Mannschaft von Auleben, danach trainierte ich ebenfalls in Auleben und Urbach verschiedene Mannschaften. Auch bei Eintracht Sondershausen engagierte ich mich im Nachwuchs. Ich trainierte einige Zeit meinen Enkel Anton mit, der mittlerweile bei den C-Junioren mein Erbe als Torwart weiterführt.

Hast Du noch Kontakt zu ehemaligen Mannschaftskollegen?
Klar, einmal im Jahr organisieren wir ein Treffen der alten Kollegen von früher. Zum Beispiel mit Udo Schönfeld, Günter Meklenburg, Gerd Meyer oder Jürgen Gorille habe ich regelmäßig Kontakt.

Hast Du den Fußball in Sondershausen nach der Karriere weiter im Auge behalten?
Natürlich habe ich das Geschehen immer mit großem Interesse verfolgt und nie aus dem Blick verloren. Mehrmals im Jahr besuche ich Heimspiele der Eintracht auf dem Göldner. Eintracht zählt seit Jahrzehnten zu Thüringens Spitze und auch die Oberligazeit war sehr spannend. Nach dem Abstieg wurde viel geleistet und nun ist die Eintracht wieder da.

Wie beurteilst Du die aktuelle Situation im Sondershäuser Fußball?
Für mich persönlich ist Axel Duft, den ich schon längere Zeit als Trainer im Auge hatte, eine ausgezeichnete Lösung für den Verein. Ihn könnte man von der Ausstrahlung her zu einem Vertreter der „alten Schule“ zählen, die Erfahrung als Spieler kommt ihm zusätzlich zugute. Zurzeit sieht das ja ganz gut aus. Den Weg, auf den eigenen Nachwuchs zu setzten, finde ich natürlich sehr gut. Mit dem Stadionneubau hat Sondershausen bald auch wieder ein klasse Umfeld!

Udo, wir bedanken uns recht herzlich für das Gespräch, wünschen Dir und Deiner Familie alles Gute und vor allem Gesundheit und freuen uns immer, dich als Gast bei den Spielen des BSV Eintracht begrüßen zu dürfen!
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