22.05.2019
Nachgereicht - Interview mit Sebastian Caspar
Viele werden sich sicher schon oft in den vergangenen Monaten gefragt haben: Was macht eigentlich Sebastian Caspar? Dazu sprach René Fischer in unserem letzten Programmheft gegen Bad Langensalza mit unserem Torgespenst, dem 4-fachen Träger der Torjägerkanone in 439 Eintracht-Partien mit sagenhaften 312 Toren!
Am 19. August 2017 hast du dein letztes Spiel für die Eintracht absolviert. Danach wurde es still um dich. Was ist passiert?
Schon seit Anfang des Jahres 2017 hatte ich immer wieder Schmerzen in der rechten Ferse, wodurch ich schon die Vorbereitung zur Rückrunde der Saison 2016/17 verpasste. Nach längerer Pause machte ich noch 3 Spiele in der Rückrunde (diese aber allesamt nicht schmerzfrei). Da zu diesem Zeitpunkt unsere Aufstiegschancen nur noch sehr gering waren, entschied ich mich zu einer längeren Pause, um topfit in die neue Saison und unter neuen Trainer zu gehen. Zwischendurch folgten schon vereinzelte Therapien, die ich in Absprache mit unserem Mannschaftsarzt Mathias Surup absolvierte, u.a. Ultraschall, Physio-therapie und eine Stoßwellentherapie. Leider trat in dieser Zeit keine Besserung auf, der Schmerz verlagerte sich mittlerweile in Richtung Achillessehne, wodurch ich auch die Vorbereitung auf die neue Saison größtenteils verpasste (lediglich 1 Vorbereitungsspiel gegen Bleicherode war drin). Zum ersten Saisonspiel biss ich dann die Zähne zusammen und meldete mich fit, dies machte ich noch zwei weitere Spiele. Bis in Erfurt-Nord es dann so unerträglich war, dass selbst ich mir sagte: „So geht es nicht weiter.“
Seit diesem Spiel war mein einziger Kontakt Mathias Surup, mit dem ich über weitere Therapien nachdachte. Es folgte eine Röntgenstrahlentherapie, Sauerstofftherapie, Ultraschall, diverse Physiotherapien und zum Schluss eine Eigenbluttherapie. Nach diesen unzähligen Therapien ohne Erfolg, wurde Ende Mai 2018 nochmals ein MRT-Bild gemacht, welches ich dann auf Anraten von Mathias Surup in Leipzig einem Spezialisten vorstellte. Dieser legte mir nahe, einen operativen Eingriff durchführen zu lassen, da alle bisherigen Therapien keinen Erfolg gebracht hatten. Ich entschied mich nach reiflicher Überlegung, dies zu machen und nahm es Ende August 2018 in Angriff (mit der Hoffnung auf bessere Zeiten).
Nach Aussage des Arztes verlief die OP gut und alle schmerzenden Komponenten seien entfernt und die Achillessehne geflickt. Die Schmerzen sind schon etwas weniger geworden und so habe ich die Hoffnung noch nicht auf-gegeben, irgendwann wieder auf dem Rasen des Göldners stehen zu können.
„Kämpfe mit Leidenschaft, siege mit Stolz, verliere mit Respekt, aber gib niemals auf!“ (Zitat Sebastian Caspar)
Zu dem Thema „Es ist still um dich geworden“ muss ich sagen, dass es für mich schwierig ist, neben dem Rasen zu stehen, anstatt auf ihm. So habe ich mich nach der OP dafür entschieden, die Zeit meiner Familie zu widmen. Das soll aber nicht heißen, dass ich dem Verein nicht mehr verbunden bin.
2002 bist du vom FC Carl Zeiss Jena nach Sondershausen gekommen. Wie kam es dazu?
In der Saison 2000/01 war ich mit meinem Heimatverein SG Aue Großbrem-bach in Sondershausen zur Bezirkshallenmeisterschaft. Während des Turniers sprach mich ein gewisser Herr Roland Demmer an und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, in Sondershausen Oberliga zu spielen. Ich sagte ihm, dass ich es mir überlegen würde, da ich zu dieser Zeit die Chance hatte, mich für ein Probetraining für den FC Carl Zeiss Jena zu empfehlen, geriet Sondershausen etwas in Vergessenheit.
Als ich die Zusage Von Jena hatte, war klar, wohin mein Weg führte. Nach einem lehrreichen Jahr in Jena, erinnerte ich mich an das Interesse von Sondershausen. Ich nahm den Hörer in die Hand und rief in der Geschäftsstelle an und fragte bei Herr Duft nach, ob ich nicht einmal zu einem Probetraining vorbei schauen könnte. Der Rest ist ja bekannt.
Du hattest sicher auch Angebote von anderen Vereinen, auch in den folgenden Jahren! Warum bist du trotzdem geblieben?
Die Frage kann ich nur schwer beantworten, da nie jemand mit mir gesprochen hat. Im Nachhinein soll es wohl nach meiner guten Premierensaison Angebote von Jena und dem Halleschen FC gegeben haben, aber wie schon gesagt, hat mit mir niemand gesprochen. Etwas später gab es ein Angebot vom FC Rot Weiß Erfurt II, wo ich als Führungsspieler junge Talente leiten sollte.
Aber insgeheim kam für mich und meine Familie ein Wechsel nie in Frage. Wir wurden damals sehr herzlich aufgenommen und haben schnell Freundschaften geknüpft. Sportlich lief es für mich persönlich natürlich super. Alles in allem haben ich und meine Familie den Schritt nie bereut, hier nach Sonders-hausen zu kommen.
Was war dein schönstes (bzw. negativstes) Erlebnis während deiner Zeit in Sondershausen? Hast (hattest) du einen Spieler, mit dem du besonders gut harmoniert hast?
Der Höhepunkt war sicher der Meistertitel 2010, unter Thomas Stang, auch weil nicht wirklich jemand damit gerechnet hätte. Ansonsten gab es für mich aus sportlicher Sicht viele schöne Erlebnisse in Sondershausen. Sei es die vielen Duelle gegen Nordhausen, vor großer Kulisse, oder das eine oder andere Spiel, das wir als Mannschaft noch umgebogen haben. Natürlich waren auch die vier Titel als Torschützenkönig ein riesiges Erlebnis für mich, was ich aber ohne meine Mannschaftskollegen nicht geschafft hätte. Der Tiefpunkt war natürlich die zwei Abstiege, obgleich der Gang in die Landesklasse der Schlimmere war. Wir hatten am letzten Spieltag gegen Borsch noch alles selbst in der Hand und haben (hatten) Angst vor der eigenen Courage gehabt.
Zweiter Tiefpunkt ist natürlich meine derzeitige Situation mit der Verletzung, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Ich glaube, wer die letzten Jahre öfters auf dem Göldner war, wird wissen, dass es einen bestimmten Spieler gab, mit dem ich mich blind verstanden habe. Es ist natürlich Axel Duft gewesen. Er wusste, wohin er spielen musste, und ich, wohin ich laufen musste. Ich glaube selbst, wenn sich eine gegnerische Mannschaft darauf einstellen wollte, wir fanden immer eine Lücke um eine Bude zu erzielen.
Ansonsten glaube ich, dass ich in meinen vielen Jahren bei der Eintracht, so ziemlich mit jedem Spieler zurechtgekommen bin. Es ist immer eine Frage, mit welchem Respekt man seinen Mitspielern entgegen tritt, und den hatte ich für jeden Spieler. Ich denke, dass ich auch ein ganz umgänglicher Teamplayer bin. (Anmerkung der Redaktion: In 439 Spielen für unsere Eintracht erhielt Sebastian lediglich 12 Gelbe Karten und nie einen Platzverweis - ebenfalls außergewöhnlich!)
Wenn du den BSV zur Oberligazeit mit der heutigen vergleichst, was hat sich verändert? Wie bewertest du die Entwicklung der Eintracht die letzten Jahre?
Ich muss sagen, als ich damals nach Sondershausen gekommen bin, habe ich hier eine eingeschworene Truppe vorgefunden, wo auf dem Platz einer für den anderen gekämpft hat. Ich wurde auch schnell in diese geile Truppe aufgenommen. Auch nach dem Training saßen mindestens 10-12 Spieler zusammen und haben noch lange Diskussionen geführt. Ich finde, mit den Jahren hat dieses immer mehr nachgelassen. Ob es daran liegt, dass der Großteil der Spieler nicht aus Sondershausen (Region) stammen oder es einfach die immer hektisch werdende Zeit ist, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht gibt es auch nicht mehr so viele Kumpeltypen wie früher.
Ich denke, die Entwicklung des Vereins geht gut voran, sei es der Stadionumbau oder die sportliche Entwicklung. Nach dem Landesligaabstieg war es ja wie ein kleiner Neuanfang, nach einem Lehrjahr folgte prompt der Wiederaufstieg und gleichzeitig der Aufstieg der 2. Mannschaft, was Respekt verdient. Auch die 3. Mannschaft hat eine riesen Entwicklung gemacht und spielt in der Kreisliga eine grandiose Saison. Schade ist natürlich das verlorene Kreispokalfinale.
Was den Juniorenbereich angeht, ist die A-Junioren um Duft / Plachy / Kluge natürlich hervorzuheben. Bei den Jungs sieht man die Handschrift von erfahrenen Oberliga- bzw. Landesligaspielern als Trainer. Dadurch möchte ich natürlich die Arbeiten der vielen anderen Trainer nicht schmälern, aber meine Meinung ist, man kann viel theoretisch-es in Trainerlehrgängen lernen, aber die Erfahrungen aus so vielen höherklassigen Spielen, kann man eben nicht an der Taktiktafel erlernen. Deshalb ist es für den Verein wichtig, in Zukunft viele aktive Spieler oder erfahrene Spieler als Trainer zu gewinnen. Alles in allem ist die Eintracht auf einem guten Weg, da alle Altersklassen mit Mannschaften, teilweise sogar zwei Mannschaften besetzt sind, und das können nicht viele Vereine vorweisen.
Vielen Dank für dieses aufschluss- und umfangreiche Interview Sebastian! Wir wünschen dir sportlich und gesundheitlich nur das Beste und hoffen dich bald wieder in alter Stärke auf dem Göldner zu sehen!