23.08.2018
"Star-Allüren sind fehl am Platz"
Bild vergrössern
Sebastian Fernschild von der Thüringer Allgemeinen Zeitung veröffentlichte gestern folgendes Interview:

Interview der Woche: Torjäger Sven Bernsdorf hat sich für Eintracht Sondershausen entschieden - und will Verantwortung übernehmen

Er ist wahrscheinlich der prominenteste Neuzugang bei Eintracht Sondershausen. Die Rede ist von Sven Bernsdorf. Der Torschützenkönig der vergangenen Saison in der Landesklasse, Staffel 2, hat sich nun den Sondershäusern angeschlossen, um in der Thüringenliga wieder auf Torejagd zu gehen. Bernsdorf war in seiner bisherigen Karriere schon für viele namhafte Vereine aktiv.

Mit Zwölf zog der heutige Kaufmann für Büromanagement aus, um die große Fußball-Bühne zu erobern. Beim gebürtigen Nordhäuser, der seinen Heimatverein FSV Wacker Nordhausen verließ, um nach Erfurt zu wechseln kamen nach der ersten Euphorie die Tränen - und das Heimweh. Auf der sportlichen Leiter ging es steil bergauf. Es folgten unter anderem fünf Lehrgänge bei der deutschen Nationalmannschaft. Er wurde bei Hertha BSC entdeckt. Doch dort lief es nicht optimal. Ein Leistenbruch und eine Herzmuskelentzündung warfen ihn zurück. Später kehrte er zurück in die Heimat. Über Erfurt ging es nach Meuselwitz und zurück zu Wacker. Seine letzte Station war Union Mühlhausen und soll er es in Sondershausen richten. Wir sprachen mit dem Vollblut-Sportler über die bevorstehende Saison, seine Ziele, seine Heimat, seine Visionen und seine Vergangenheit.

Herr Bernsdorf, zu allererst, wie zufrieden sind Sie mit dem Auftakt in die neue Saison?
Naja, es ist nicht optimal gelaufen. Wir hatten unsere Möglichkeiten. Aber wir stecken keinesfalls den Kopf in den Sand. Wir hätten uns natürlich gerne den Dreier gewünscht.

Warum der Wechsel nach Sondershausen?
Das ist eine längere Geschichte. Der Kontakt zu Sondershausen ist nie abgerissen. Vor drei Jahren hat mich Matthias Springer bereits gefragt. Damals hatte ich mich aber für Mühlhausen entschieden, da ich dort meine Ausbildung angefangen habe und die wollte ich unbedingt zu Ende führen. Nun kam wieder die Anfrage und in einem Gespräch mit Trainer Enrico Leifheit und Herrn Springer war mir schnell klar, dass ich auf den Göldner wechsle. Vorher waren meine Prioritäten anders. Erst die Ausbildung fertig machen. Alles andere stand hinten an.

Wie wurden Sie innerhalb des Teams aufgenommen?
Sehr gut. Es ist alles super. Viele der Spieler kannte ich ja schon vorher. Charakterlich passen wir alle sehr gut zusammen. Wir sind ein gutes Team, das noch viele Ziele hat.

Ihr Start in Sondershausen war nicht der allerbeste. Sie waren verletzt und konnten nicht mittrainieren. Was war es denn genau und wie geht es Ihnen heute?
Ich hatte einen Haarriss im rechten Sprunggelenk. Das musste auskuriert werden. Aber mittlerweile bin ich wieder vollkommen fit.

Nachdem Sie von Berlin nach Meuselwitz kamen, spielten Sie in der Regionalliga. Warum war das nur von recht kurzer Dauer?
Nach dem in Meuselwitz der Trainer gewechselt wurde, ging es los. Der Neue war mit meiner Spielanlage wohl nicht zufrieden, brauchte mich nicht. Ich sollte in der zweiten Mannschaft spielen aber das wollte ich nicht. Und so führte kein Weg daran vorbei, den Verein zu verlassen.

Und dann?
Dann bin ich wieder nach Nordhausen gekommen. In meine Heimat. Ich wollte mir mein zweites Standbein aufbauen und den Fußball nach hinten an stellen. Meine Absicht war es, in die erste Mannschaft von Wacker zu kommen. Das hat aber aus verschiedenen Gründen nicht geklappt. Außerdem war meine Familie dort. Das und die ständigen Umzüge haben eine große Rolle gespielt. Auch wenn ich noch einen Regionalliga-Verein gefunden hätte. Das eine Jahr in Nordhausen hat mir riesig gefallen. Nur hat das eben mit der Ausbildung nicht geklappt. Das war der Hauptgrund, aus Nordhausen weg zu gehen.
Ich schätze mal Mühlhausen war nicht sonderlich begeistert über die Nachricht, dass sie nun nach Sondershausen gewechselt sind...
Das ist ja völlig klar. Union wollte mich natürlich halten. Aber ich suchte eine neue Herausforderung. Eigentlich wollte ich noch mal höherklassig spielen aber das Konzept in Sondershausen hat mich sehr überzeugt. Die drei Jahre in Mühlhausen waren sehr schön und die möchte ich auch nicht missen. Einen Streit oder so gab es auch nicht. Wir haben uns im Guten getrennt.

Was sind Ihre Ziele mit der Eintracht und für sie persönlich?
Für die Mannschaft ist das klare Ziel nicht abzusteigen. Aber ich denke wir haben das Zeug dazu, die Klasse zu halten. Der Abstieg sollte niemals ein Thema für uns sein. Zudem wollen wir die Favoriten ärgern. Für mich ist es wichtig, dass ich verletzungsfrei durch die Saison komme. Ich möchte Stammspieler werden und will mich jeden Tag neu beweisen. Außerdem möchte ich meine Erfahrungen, die bereits gesammelt habe, weitergeben. Und natürlich Tore schießen.

Sie sagten, sie möchten Stammspieler werden. Ist das momentan nicht der Fall?
Sicher ist es keinesfalls. Dadurch, dass wir im Angriff recht breit aufgestellt sind, muss sich jeder beweisen und im Training alles geben. Dass einer gesetzt ist, wird es unter dem Trainer nicht geben. Und das ist auch gut so. Konkurrenz belebt das Geschäft und nur so können wir noch besserere Leistungen abrufen. Starallüren sind da völlig fehl am Platz. Ich bin auch nicht der Typ, der sich auf seinem Erfolg oder so ausruht. Ich gebe meine Erfahrung gerne weiter, sofern es jemand wissen möchte.

Aber sie sind schon ein Führungsspieler?
Ja, das kann man sagen. Auch mit meinen gerade mal 23 Jahren möchte ich Verantwortung übernehmen. Und das sollte sich so gehören für einen Spieler mit meiner Erfahrung.

Haben Sie sich vom Profifußball generell schon verabschiedet?
Eigentlich ja. Ich hatte damals in Berlin die große Chance. Aber ich habe manchmal die falschen Entscheidungen getroffen und war vielleicht etwas leichtsinnig und habe nicht auf meinen Körper gehört. Meine langwierigen Verletzungen haben mir dann einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sei es drum. Dass ich überhaupt bis dahin gekommen bin und im Nachwuchs im Nationalmannschaftskader stand, hat auch mit Glück zu tun. Und dafür bin ich sehr dankbar. Im Endeffekt bereue ich nichts, sondern hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin.

Sie sagten vorhin, dass Sie die Favoriten in der Liga ärgern wollen. Wer sind denn die Favoriten?
Martinroda auf jeden Fall, auch wenn deren Start nicht optimal war. Auch Geratal wird eine Rolle spielen. Absteiger Jena kann ich nicht einschätzen.

Kommen wir noch mal kurz zu Wacker Nordhausen. Verfolgen Sie die Entwicklung?
Aber natürlich. Ich verfolge alles. Vor allem von Wacker II kenne ich noch einige Spieler. Und bei der ersten Mannschaft sprechen die Namen für sich. Das ist schon eine starke Truppe. Ob es für den Aufstieg reicht, weiß ich nicht. Es wird eine ganze schwere Saison. Aber ich gönne es ihnen von Herzen.

Und Rot-Weiß Erfurt?
Auch das verfolge ich. Aber nicht so intensiv wie Nordhausen. Der Umbruch war nötig und richtig. Ob es für ganz oben reicht glaube ich nicht unbedingt. Sie werden es sehr schwer haben. Zumal mein Herz doch eher für Nordhausen schlägt, was die Liga angeht.

Foto von Henning Most beim Testspiel gegen Kelbra
Bild vergrössern