28.04.2024
Derbygeschichten Teil 4 - Nur noch 6 Tage
Bild vergrössern
Das Derby - seit Jahrzehnten elektrisiert es die Zuschauer-Massen in Nordthüringen. In weniger als einer Woche kommt es wieder zum Duell gegen den FSV Wacker 90 Nordhausen auf dem Göldner.
In Folge 4 unserer Serie zu Derbygeschichten sprechen wir dabei mit dem gebürtigen Nordhäuser und Wahl-Sondershäuser Stephan Hilpert über eine Torhüter-"Anekdote" beim Derby der Saison 2011/12.

In schöner Regelmäßigkeit gab es nun das Derby mindestens zwei Mal pro Jahr, wobei der Gewinn des Landesmeistertitels für unsere Eintracht 2010 natürlich herausstach. Sondershausen verzichtete auf das Aufstiegsrecht und so ging es weiter mit den Derbies. Doch die Kräfteverhältnisse änderten sich dramatisch. Spätestens, seit ein Geschäftsmann mit großen Ambitionen 2010 das Präsidentenamt bei Wacker übernahm und mit einem Kaufrausch höherklassige Kicker oder erfahrene ausländische Akteure konnte, war der Aufstieg für Wacker nur noch eine Frage der Zeit. Sein großes Ziel 3.Liga sollte für den von ihm ernannten „FC Bayern des Südharzes“ kein Problem sein.

Am 20. Spieltag der Saison 2011/12 war bereits abzusehen, das es das vorerst letzte Derby sein könnte, denn Wacker stand schon mit 15 Punkten Vorsprung an der Spitze der Verbandsliga. Doch es sollte noch einmal denkwürdig werden.

Als Vorspiel des Derbys am 1 .April 2012 war das Punktspiel der beiden Reservemannschaften geplant. Doch ausgerechnet an diesem Spieltag war der neue Torwart Lars Greschke, er war erst zur Rückrunde aus Nordhausen zurückgekehrt, beruflich verhindert, und dass sein Chef ausgerechnet der Präsident von Wacker war, ist hierbei sicherlich nur Zufall gewesen. Kurzum stand für die Erste und Zweite Mannschaft des BSV mit Stephan Hilpert nur ein Torhüter zur Verfügung. Das Reservespiel musste von Sondershäuser Seite abgesagt werden und Hilpert debütierte stark in der „Ersten“. Dennoch gab es nach gutem Kampf vor gut 1600 Zuschauern ein 3:1 für die Gastgeber. Mit viel Getöse rund ums Spiel verabschiedeten sich die Nordhäuser und zynisch wurde ein „Niemalswiedersehen“ gefeiert…
Wir sprachen mit dem gebürtigen Nordhäuser Stephan „Pepe“ Hilpert, der unerwartet ein Teil der Derbygeschichte wurde.

Pepe, du bist in Nordhausen geboren und aufgewachsen. Welche „Beziehung“ hattest du zu dieser (Nordhäuser) Zeit zu Wacker?
Schon als kleiner Junge war ich mit meinem Vater oder dann als Jugendlicher öfter mit meinen Brüdern im AKS und jubelte damals als Fan der Mannschaft von Wacker zu. Ich habe dort einige aufregende Fussballspiele gesehen. Besonders gegen Dynamo Dresden, als Raketen und anderes Feuerwerk aus dem Dynamoblock geflogen kam. Auch der HSV war damals hier zu Gast. Was den aktiven Teil angeht, war es tatsächlich nur ein einziges Probetraining im B-Jugend Bereich. Das war auch ganz erfolgreich, trotzdem konnte ich mich damals nicht für einen Wechsel zu Wacker begeistern lassen. Irgendwie hat mir das alles dort doch nicht so gefallen wie ich immer dachte.

Wie kam es zum Wechsel nach SDH?
Den größten Anteil am Wechsel zur Eintracht hatte wohl der damalige Oberligaspieler Andreas Wille. Durch meine Berufsschulzeit auf dem Schacht lernte ich einige Sondershäuser kennen. Der Liebe wegen verschlug es mich dann endgültig nach Sondershausen. „Willi“ gehörte damals zum engen Freundeskreis. Natürlich blieb es nicht lange ein Geheimnis, dass ich auch Fußball spielte. Los komm doch einfach mal mit zum Training hieß es irgendwann. Auch das Training lief wieder gut, wie damals bei Wacker. Nur diesmal hatte auch vom Umfeld her alles gestimmt. Und so ging es damals von Nobas Nordhausen in die Landesklasse zur 2. Männermannschaft der Eintracht. Hier gab es übrigens schon das erste Derby für mich. Damals hieß es aber Wacker I gegen Eintracht II. Heute schaue mir öfter meine Sammeltasse mit dem Mannschaftsbild von 2002/03 an und erinnere mich gern an die ein oder andere verrückte Geschichte.

Du standest mehr als einhundert Mal im Kasten der Zweiten. Wie kam es zum ersten Spiel in der Ersten?
Also wenn ich mich recht erinnere, war damals ein gewisser Lars Greschke arbeitstechnisch verhindert. Nach seinem Wechsel von Wacker zurück zur Eintracht war wohl die Auftragslage seines damaligen Nordhäuser Arbeitgebers am Derbysamstag so hoch, dass er auf keinen Fall freigestellt werden konnte. OK, Spaß beiseite, Lars musste arbeiten und so hieß es damals von Thomas Stang kurz und knapp… du bist unser Hüter am Wochenende. Ich hatte meine Sache im Training gut gemacht, also stellte er mich auf. Dann war es auch schon so weit, erstes Spiel für die Erste, wieder Derby in Nordhausen und wieder für die Eintracht, es sollte wohl einfach so sein.

Wie ging es dir vorm Spiel vor so großer Kulisse in deiner Heimatstadt und wie hast du das Spiel für dich in Erinnerung?
Ich denke, es kann sich jeder vorstellen wie aufgeregt ich war. Das war keine alltägliche Situation. Es war das erste, aber leider auch das einzige Mal, dass ich vor 1600 Zuschauern Fussball spielen durfte. Es war schon ein geiles Gefühl! Unter den Zuschauern war meine Familie, aber viele Freunde aus früheren Zeiten und ehemalige Klassenkammeraden. Deswegen bleibt es für mich auch immer als mein persönliches Lieblingsspiel in Erinnerung!

Leider begann das Spiel nicht so gut wie ich hoffte und wir gerieten schnell in Rückstand. Peter Thurnbacher traf kurz danach zum Glück mit einem kuriosen Tor zum Ausgleich. Damals schmerzte das schnelle Gegentor schon. Apropos Schmerz, da erinnere ich mich doch sofort an einen Zusammenprall mit dem damaligen Nordhäuser Stürmer, ein brasilianisches Kraftpaket, den ich heute beim Erzählen noch genau spüre!

Mein Kumpel, der mit im Stadion war, um mich und natürlich „seine“ Eintracht zu unterstützen, hatte in diesem Moment auch seinen ganz persönlichen Schreckmoment. Nicht wegen mir, sondern wegen meiner Tochter, die neben ihm auf der Wackertribüne saß und mit ihren 8 Jahren rief „Ey ihr Wackerschw……e das ist mein Papa! Er sah sich kurzzeitig auch schon, so wie ich gerade, schmerzverzerrt am Boden liegen. Aber es verlief am Ende alles glimpflich für uns Beide und so haben wir schon öfter in späteren Gesprächen darüber gelacht. Später bekam ich ein Foto „von mir in Aktion“ von diesem Spiel geschenkt, das heute genauso einen Ehrenplatz gefunden hat wie meine Tasse mit dem Mannschaftsbild von 2002.

Wie geht das Derby am 4. Mai aus?
Ich wünsche mir einfach einen starken Auftritt unserer Eintracht. Wenn die Jungs sich voll reinhauen, können sie Nordhausen schlagen. Den Heimvorteil sollte man auch nicht außer Acht lassen. Und wie jeder weiß, im Derby kann alles passieren. Also Derbysieger Eintracht Sondershausen!
Bild vergrössern